Aus kleinen Augen


Hörst du es nicht?

Leise sitzt der Vogel auf der Fichte, schaut auf und ab und folgt der Zeit.

Er sieht Menschen laufen, singen, sitzen, lachen,

manchmal aber auch wild rum zachen.

Einen Vater mit seinem Jungen spielen,

ein Mädchen laut rumtelefonieren.

Doch kaum hat er sich umgedreht, ist die Stille eingekehrt.

Leider, das weiß der Vogel ganz gewiss, ist die Stille nicht rein in diesem modernen Sein.

Und schon hört dieser arme kleine Vogel, Motorengeheul, Autogehupe und einen alten Mann laut rufen:

„Fahren sie nun endlich weiter, meine Frau fiel von ihrer Leiter.“

 

Das wollte ich jetzt nicht sagen, aber auch der Vogel nimmt das Drama hier war.

Geschlagene Kinder, hungernde Menschen, Betrug und Verrat, das alles ist Alltag.

Wenn er könnte würde er die Augen verschließen, vielleicht tut er das auch, während er in vollen Zügen an die Scheibe kracht.

Doch manchmal da schleicht es sich ein, ein glückliches Paar, fröhliche Gesichter und ein sicheres Heim.

Da schüttelt er seine Schmerzen fort und schaut weit nach vor'n über den ganzen Ort.

Eine andere Situation, ein anderes Spiel. Hektik, Stress und Eile regiert für eine ganze Weile. Er verschließt entsetzt die Augen:

"Ist nicht die Zeit unsere Währung des Seins?", schießt es in seinen kleinen Kopf hinein.

Aus seinen Gedanken gerissen sieht er ein paar Steine über ihn hinweg zischen.

Flattert auf, schaut hinab „die Jugend das undankbare Fein soll nur Ärger machen und noch dazu auch frech sein.“

Wutentbrannt macht er sich auf und fort.

Sucht Zuflucht an einen sicheren Ort.

Umgeben von Blättern, Nadeln und einem frischen Duft, fällt der Kleine nieder. Sinkt in einen Schlaf, geplagt von einem Alptraum, er sieht Morde, Opfer und Wehgeklage.

 

Doch plötzlich reißt er die Augen auf und flattert hinaus aus Ruhe, Wald und Raum.

Angekommen bei Technik und Automatik, schnell zischt er ab zur menschlichen Gestalt.

Doch was sieht er da?

Saubere Straßen, fröhliche Menschen und kaum noch Verkehr.

Er konnte es nicht fassen, dann kam aber das Nächste einher. Das Gesindel von gestern gut gekleidet förmlicher Umgang und legt ihm Brot zu Füßen.

Der arme Vogel musste blinzeln, konnte seinen Augen nicht trauen, jetzt wollte er es aber wissen und bog in die nächste Gasse laut trällernd ein.

„Wo war er hin ein Mensch ohne Essen und Dach fand hier sein Heim?“

Kaum hat er sich umgedreht, sieht er den Mann vorübergehen. Die Haare gemacht, ein Anzug und seine Taschen vollgepackt.

Alle verstehen sich prächtig, „wo ist denn nur der Mensch geblieben?“

Ihm fehlt die Ignoranz nun bedeckt mit Toleranz.

Dänen, Russen, Mongolen und noch viele mehr, alle sitzen reden und lachen im Deutschen Land einher.

Nein der Vogel ist nicht rechts, auch kein Nazi, mehr.

Er lauscht einem Radio, dann fällt er vom Stuhl.

Es soll keine Kriege mehr geben, nicht einmal Waffen mehr, es wird nur noch mit Volkes Wohl debattiert.

„Und das überall!“, klang es aus dem Gerät.

Der entsetzte Vogel taumelt zurück, was ist nur geschehen aus seinem Land und Glück. Seine Neugier war geweckt,

Er fliegt umher und bestaunt die Welt, doch was er erblickt war nichts außer Glück und Freud in den Augen der Leut'.

Kein Leid mussten die Menschen mehr ertragen.

Keine Gewalt war mehr vonnöten, 

jeder schwebt im gleichen Klang.

Die Welt war ihm fremd,

so perfekt, so genau 

und das soll so nicht sein. 

Er verabscheute die Technik und alles was sie so verbarg.

Und nun gleicht der Mensch diesem makellosen Ideal.

Verwirrt und benommen flüchtet er zu seinem Heim und Wohl. Kaum fliegen ist mehr möglich, die Welt hat ihn gepackt. 

„Nein, nein“, klingt es schrill in seinem Kopf. 

Und mit einem Schlag war er fort von diesem Ort.

Liegt benommen an diesem Boden, da wo er sicher sein sollte ... Er kämpft sich hoch und was sieht er da?

Zwei kleine Kinder ohne Schutz, ohne Halt, mit einer Steinschleuder in der Hand, krächzend lachend, Trauer im Blick.

Nun ist es ihm klar...

Er ist wieder daheim, erleichtert und traurig, fliegt er auf, weit hinaus und zwitschert voller Freud: 

„Gut ist es, gut so wie es ist!“

 

 

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